BAG-Entscheidung: Urlaubsansprüche unterliegen der gesetzlichen Verjährungsfrist – die aber erst beginnt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer informiert hat.
Die Fakten:
- Urlaubsansprüche unterliegen der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren
- Die Frist beginnt am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber informiert hat
- Der Arbeitgeber muss über den Anspruch und die Verfallsfristen belehren
Ansprüche unterliegen grundsätzlich Verjährungsfristen. Diese Verjährungsfristen dienen der Rechtssicherheit: Ein Anspruch muss innerhalb der Frist entweder geltend gemacht werden – oder er ist nicht mehr durchsetzbar. Die regelmäßigen, gesetzliche Verjährungsfristen sind in § 199 BGB geregelt.
Der Europäische Gerichtshof hatte 2022 entschieden, dass der Zweck der Verjährungsfristen – die Rechtssicherheit – in gewissen Konstellationen hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 GRCh (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) zurücktreten muss. Ziel dieses Grundrechts ist es, die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu schützen.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner Entscheidung die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt: § 199 BGB muss so ausgelegt werden, dass die Verjährungsfrist für den Urlaubsanspruch nicht mit dem Ende des Urlaubsjahres beginnt – sondern erst dann, wenn Arbeitgeber die betroffenen Beschäftigten über ihre Urlaubsansprüche und die Verfallsfristen informieren und die Beschäftigten dadurch in der Lage sind, ihren Jahresurlaub zu nehmen.
Arbeitgeber können die Rechtssicherheit gewährleisten, indem sie ihren Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten ordnungsgemäß erfüllen.
Praxishinweis:
Beschäftigte und deren Vertretungen sollten genau hinsehen, ob Arbeitgeber im Konfliktfall ihren Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nachgekommen sind. Sollten entsprechende Nachweise fehlen, geht das zu Lasten der Arbeitgeber. In der Regel werden diese schon aufgrund der Rechtssicherheit ihre Obliegenheiten schriftlich erfüllen.
(BAG – Urteil vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20; NZA 1/2023)